Finale Garoth

Finale Garoth

Dein Weg mit dem Wolf

Er liest die Antwort an deinem Gesicht ab, noch bevor du Zeit hast, etwas zu sagen oder gar zu tun.

Aus den Augenwinkeln siehst du, wie Arazaans Züge sich verschließen. Einen Herzschlag lang befürchtest du einen Kampf zwischen den zwei Alphamännern, aber beide Shifter erkennen, dass es im Moment andere Prioritäten gibt. Zum Beispiel den Geheimdienstmann, der mit gezogener Waffe mal auf dich, mal auf einen der beiden Männer zielt.

Du siehst, wie sein Finger auf dem Abzug zittert.

Die Welt dreht sich.

Du willst nicht sterben.

Nicht jetzt, wo du eine Entscheidung getroffen hast, die dich mit tiefer, wilder Freude erfüllt. Deine Zukunft ist an der Seite des Nordmannes. Nichts und niemand und erst recht kein Befehlsempfänger deiner Regierung wird daran etwas ändern!

Dein Wolf stößt einen Laut aus, der zwischen Heulen und Brüllen liegt. Sein Triumph ist unverkennbar in diesem Geräusch und sein Hochgefühl über deine Wahl ist ansteckend. Die wilde, ungezügelte Freude zieht weiter durch deine Brust. Es ist lange her, dass du das Gefühl hattest vollkommen glücklich zu sein. Garoth streift mit einer beiläufigen Bewegung seine Jacke ab, die unbeachtet zu Boden fällt. Jetzt fletscht er die Zähne und brüllt, dass dir die Ohren klingen. Der Ausdruck in seinen Augen ändert sich so schnell, dass du kaum Zeit hast, der plötzlichen Fremdheit in seinem Gesicht einen Namen zu geben.

Dein Kopf weigert sich zu glauben, was deine Augen sehen. Die Knochen in Garoths Gesicht … verschieben sich. Unter der menschlichen Haut bahnt sich etwas Wildes den Weg an die Oberfläche und es zeigt sich nicht nur in seinem Gesicht.

Er beugt den Oberkörper nach vorne und fällt. Du folgst der Bewegung mit den Augen, unfähig auch nur für eine Sekunde den Blick von ihm zu wenden. Dort, wo eben noch seine Hände waren, formen sich die Tatzen eines Wolfes. Scharfe Krallen wachsen aus den riesigen Pfoten. Das Reißen von Stoff lenkt deine Aufmerksamkeit auf den Rest seines Körpers.

Die Luft flirrt und flimmert um ihn herum. Die feinen Härchen an deinem Körper stellen sich auf, als wäre die Luft elektrisch aufgeladen. Du blinzelst und als dein Blick wieder klar ist, steht Garoth in seiner Wolfsgestalt vor dir.

Er knurrt.

Es ist ein Laut, der tief aus seinem Brustkorb kommt und seine Wirkung auf niemanden verfehlt.

Der Geheimdienstmann wird weiß wie ein Laken.

Seine Hand, mit der er die Waffe hält, beginnt zu zittern

Der Wolf macht einen unendlich langsamen Schritt in seine Richtung. Die mächtigen Hinterbeine und der breite, fellbedeckte Brustkorb wirken im Hotelzimmer wie eine nachdrückliche Erinnerung an die Zerbrechlichkeit menschlichen Lebens.

Der Wolf wendet den Kopf und senkt seinen Blick in deinen. Mit einem Schock erkennst du, dass dies immer noch Garoth ist und kein Tier, wie du es halb erwartet, halb befürchtet hast.

Er dreht den Kopf, einen Millimeter nur, aber es reicht aus, um seine Absicht klar zu machen. Wer dir auch nur ein Haar krümmt, muss zuvor an ihm vorbei.

In dem Augenblick, in dem er sich bereit macht zu springen, schiebt sich die Gestalt des Mannes an dir vorbei, den du fast schon vergessen hast.

Es ist dein Boss, Vizepräsident Owen. Er hält sich aufrecht und hat den größten Teil seiner Stärke zurückgewonnen und damit auch seine Autorität, wie du am Gesichtsausdruck des verwirrten Geheimdienstmannes siehst.

Mittlerweile haben sich weitere Männer hinter ihm gesammelt. Einer von ihnen lässt die Waffe sinken, als der Vizepräsident vortritt. Ein anderer – der mit den meisten Rangabzeichen an Schulter und Barett – stellt sich einen Meter von eurer Gruppe entfernt mit leicht gespreizten Beinen hin. Er behält hauptsächlich Garoth im Auge, den er offensichtlich für die größte Bedrohung hält.

Der schüttelt sich einmal, dann noch einmal und dann steht er wieder in seiner menschlichen Gestalt vor dir. Du kannst den Blick nur mit äußerster Willenskraft von seinen festen, muskulösen Hinterbacken wenden.

Einer seiner Männer reicht ihm Bekleidung.

Garoth schiebt sich vor dich.

Eine Woge an widerstreitenden Gefühlen flutet deinen Körper. Du liebst ihn für seine Geste, mit der er dich beschützt. Wenn es nötig ist, wird er die Kugeln abfangen, die dir gilt. Du lugst hinter seinem Rücken hervor, denn du musst mit eigenen Augen sehen, was vor sich geht.

Im Raum herrschen absolute Stille und Bewegungslosigkeit.

Als der Vizepräsident spricht, ist seine Stimme klar und deutlich. Obwohl du nur seinen Rücken siehst, erkennst du an seiner Körperhaltung, dass er zu dem Anführer der bewaffneten Männer spricht.

Er sagt nur ein einziges Wort.

»Rückzug.«

Für einen Moment hängt alles in der Schwebe.

Werden die Geheimdienstleute seine Autorität als zweiter Mann des Staates anerkennen, nach all dem, was geschehen ist? Du merkst, wie Garoths Körper sich anspannt. Das sprungbereite Raubtier lauert kurz unter der Oberfläche, bereit, dich bis aufs Blut zu verteidigen.

»Sir«, der Mann salutiert und schlägt die Hacken zusammen. Dann gibt er den Befehl an seine Männer weiter, die anstandslos gehorchen. Binnen von Sekunden ist der überfüllte Raum leer. Du kannst wieder atmen.

Deine Erleichterung ist so riesig, dass du dich an deinem Wolfshifter festhalten musst. Er hat instinktiv erfasst, dass die größte Gefahr vorbei ist und dreht sich halb zur Seite, um dich aufzufangen. Das Getrappel der Stiefel beim Rückzug der Männer ist beinahe das schönste Geräusch der Welt für dich. Zum ersten Mal in deinem Leben bist du dankbar für den blinden Gehorsam, den deine Regierung ihren Männern (und Frauen) abverlangt.

Garoth steht nun hinter dir, die Arme um deine Taille geschlungen. Du und Garoth, der Vizepräsident und Arazaan bildet ein Dreieck in dem kleinen Zimmer. Du schaust hinüber zu Arazaan. Das Grollen in deinem Rücken vibriert in deinem Körper. Es ist eine kleine, aber nachdrückliche Erinnerung daran, dass du deine Wahl getroffen hast.

Die Lippen des Drachenshifters verziehen sich zu einem Lächeln, das seine Augen nicht erreicht. »Es war mir ein Vergnügen«, sagt er. Wie der Geheimdienstmann schlägt er die Hacken zusammen, aber es ist eine ironische Geste, genauso wie die kurze Verbeugung. »Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder«, wirft er dir zu, bevor seine dunkle Gestalt im Flur verschwindet.

Garoths Arme lockern sich, als Arazaan außer Sichtweite ist. Seine Augen senken sich in deine. Er zieht dich an sich.

»Zeit zu gehen«, sagt die tiefe Stimme des Wolfshifters an deinem Ohr. Bevor er sich aufrichtet und dich loslässt, knabbert er spielerisch an deinem Ohrläppchen.

Seine knappen Worte machen dir bewusst, dass du im Begriff bist, deine Heimat zu verlassen. Du wirst deine Vergangenheit hinter dir lassen und an Garoths Seite in den Nordlanden ein neues Leben beginnen. »Einen Augenblick noch«, bittest du deinen Wolfshifter, dessen Ungeduld deutlich spürbar ist. Du löst dich aus seinem Griff und gehst auf Owen zu.

Der Vizepräsident lächelt. Nach einem kurzen Moment, in dem ihr beide nicht recht wisst, was ihr sagen sollt, gibt Garoth dir einen sanften Schubs. Du und Owen, ihr umarmt euch. Interessant. In Owen sieht Garoth also keinen Konkurrenten.

»Danke«, sagt Owen schließlich und lässt dich los. »Ich werde dafür sorgen, dass alle Menschen das Medikament bekommen und geheilt werden. Ich verspreche es.«

»Ich weiß«, flüsterst du und merkst, dass dir Tränen in die Augen steigen.

»Auch Ihnen gebührt mein Dank«, fährt der Vizepräsident fort und spricht Garoth an. Seine förmlichen Worte quittiert der Wolfshifter mit einer Verbeugung.

»Ich werde sie in meine Heimat bringen«, sagt er. »Und ich werde gut auf sie achtgeben.« Gut, dass er dein Gesicht nicht sieht. Bis auf die letzten Stunden hast du es immer ganz gut geschafft, auf dich selbst aufzupassen. Es wird eine ganz neue Erfahrung für dich, keine Einzelkämpferin mehr zu sein.

»Aber«, fährt Garoth fort und umfängt deine Hand mit seiner viel größeren, »ich werde wiederkommen, sobald sich die Lage in den panamerikanischen Staaten beruhigt hat.«

»Wir werden wieder kommen«, bestätigst du. »Schließlich kannst du nicht der einzige deiner Männer bleiben, der eine Frau gefunden hat.« Du wirfst den Kopf in den Nacken und lehnst dich an die breite Brust deines Nordmannes.

»Hast du nicht etwas vergessen?«, fragt er dich.

Du nickst und förderst die beiden Kartenteile zutage.

»Hier«, du reichst sie Owen. »Wir brauchen sie nicht.« Garoth nickt.

»Auf Wiedersehen, Vizepräsident«, sagt er.

Ohne dich noch einmal umzuwenden, folgst du ihm die Treppen hinunter durch die Eingangshalle hinaus auf die Straße.

Du schaust in den wolkenverhangenen Himmel. Du hast irgendwo gelesen, dass der Himmel in den Nordlanden viel klarer ist als hier und dass die langen dunklen Nächte erhellt werden von einem Feuerwerk aus Sternschnuppen.

Du schaust Garoth an.

Seine Augen leuchten heller, als der Himmel es je könnte. Du hebst die Arme und schlingst sie um seinen Hals. Sein berauschender Duft umfängt dich. Diesen Geruch wirst du immer lieben und du könntest ihn jetzt schon aus tausenden von anderen unterscheiden, ohne ihn jemals ganz und gar beschreiben zu können.

Er senkt den Kopf und küsst dich. Zuerst liegen seine Lippen nur leicht auf deinen. Er verspricht dir mit diesem Kuss, dass er dich lieben und ehren wird, deutlicher als es Worte je könnten. Er besiegelt eure Verbindung, denkst du.

Nur eine Sekunde später bekommt sein Kuss einen ganz anderen Charakter. Garoth knabbert an deinen Lippen, vorsichtig und zart. Das Knabbern wird nachdrücklicher. Bereitwillig öffnest du den Mund. Seine Zunge streichelt deine geschwollene Oberlippe. Das leichte Kratzen seines kurzen Barts entlockt dir einen Seufzer, der unversehens zu einem leisen Stöhnen wird, als seine Zunge beginnt, deinen Mund zu erforschen.

Seine Leidenschaft, die er so lange im Zaum gehalten hat, ist auf dich übergesprungen. Er hat deinen Körper erobert und er sagt dir ohne Worte, dass er sich damit nicht zufriedengeben wird. Nicht mehr lange und dem Wolfshifter werden auch dein Herz und deine Seele gehören.

Sein Kuss sagt dir noch etwas. Er nimmt nicht nur, sondern er gibt auch. Garoth hält nichts von sich zurück. Alles was er hat, wird dir gehören. Du wirst seine Geliebte sein, seine Königin, seine Dienerin und seine Herrscherin.

Euer gemeinsames Leben hat gerade erst begonnen und doch kannst du dir nicht vorstellen, jemals wieder ohne ihn zu sein.

Du hast dich richtig entschieden.

ENDE

Liebe(r) Leser/in,

wie hat Ihnen Ihr persönlicher Ausflug in die Zukunft gefallen? Hatten Sie Spaß beim Lesen Ihrer persönlichen Lovestory?

Das würde ich zu gerne erfahren. Ihre Entscheidung können Sie mir gerne hier auf meiner Facebook-Seite mitteilen und gleichzeitig schauen, wie sich andere Leserinnen entscheiden. Ich bin sehr gespannt, für welches Ende Sie sich entschieden haben.

Ich freue mich auf Ihr Feedback.

Und falls Sie das Lesen genossen haben, laden Sie gerne eine Freundin ein, sich für ihr persönliches Abenteuer in Gesellschaft von zwei starken Shiftern hier anzumelden.

Herzlichst

Ihre Jenny Foster